Avatar und Atavismus / Outside der Avantgarde
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Durch Gegenüberstellung und Zusammenstellung macht die Ausstellung Avatar und Atavismus. Outside der Avantgarde ein Phänomen sichtbar, das im überraschenden Auftauchen von Köpfen, Händen und anderen Körperteilen einen archetypischen Anker in die Kunst der 1980er Jahre setzt. Es sind namhafte Vertreter westlicher Kunst verschiedener Generationen, die gegen die Errungenschaften der Moderne – Abstraktion und Konzeptualität – aufbegehren. Seit der Transavantgarde um 1980 sind animistische Momente im Spiel, die sich im „zerstückelten Körper“ (Jacques Lacan), dem Tier als Alter Ego und anderen Chiffren des „Wilden Denkens“ (Claude Lévi-Strauss) äußern. Die enge Bindung an Outsider-Kunst ist dabei nicht zu übersehen. Das Phänomen lässt sich bis heute verfolgen, auch wenn es oft anders interpretiert wurde.
Die Ausstellung zeigt bekannte Künstlerinnen und Künstler mit Arbeiten zwischen Obsession, Narration und Groteske, wie sie seit der postmodernen Wende nach 1978 möglich geworden sind. Ein Raum mit Werken des „wilden“ Jahrzehnts eröffnet mit Namen wie Francesco Clemente, Walter Dahn, Martin Disler und Jiří Georg Dokoupil. Daran schließen sich Arbeiten Siegfried Anzingers an, flankiert von Künstlern wie Antonius Höckelmann und Alfred Klinkan. Im folgenden Jahrzehnt lassen sich wie eine animistische Kette Positionen von Franz West, Rosemarie Trockel, Günther Förg, Thomas Schütte und Mike Kelley ausmachen, die neue Avatare erfinden: West die Lemuren, Förg die Masken und Trockel die gestrickten Gesichtsmasken „Balaklava“. Was diese Archetypen vollends legitimiert und erst heute richtig sichtbar macht: Diese Avatare sind von unterschiedlichen Persönlichkeiten der Generationen zuvor, angeführt von Louise Bourgeois und Maria Lassnig mit Georg Baselitz und Bruce Nauman, die in der gleichen Zeitspanne eine ähnliche Grundhaltung an den Tag legen.
Künstlerpersönlichkeiten wie Sarah Lucas, Dana Schutz, Kai Althoff, Thomas Zipp, André Butzer, Andy Hope 1930 oder John Bock setzen nach 2000 diese Tendenz mit ganz eigenen Akzenten fort. Tal R und Jonathan Meese haben eine Neukonstruktion der Burg MOR von 2005 errichtet. Die Avatare der jungen Generation von heute verbinden sich mit Ready Mades und Medienreflexion, so in den Arbeiten von Neїl Beloufa und Eva Kot’átková.
Die Arbeiten der „Outsider-Künstler“ wurden von Pia Witzmann und Veit Loers direkt aus Einrichtungen in NRW und Italien zusammengetragen. Darunter Werke von Georg Brinkschulte, Karl Burkhard, Giuseppe Curto, Giorgio Dorigo, Wilma Savio, Alfred Stief u. a. aus dem Kunsthaus Kannen Münster, der Kunst-Praxis Soest e.V., von den MALzeitler Duisburg und aus dem ULSS 2 Feltre/Italien. Sie verweisen exemplarisch auf die konstante Allgegenwärtigkeit eines in allen Menschen angelegten aber nur selten gegen das vorherrschend Rationale nach außen gelangenden Bildreservoirs.
Kuratiert wurde die Ausstellung von Veit Loers mit Gregor Jansen und Pia Witzmann. Sie wird sich im Oktober und Anfang November 2015 mit Kasper Königs und Falk Wolfs Ausstellung Der Schatten der Avantgarde im Essener Museum Folkwang überschneiden.