CORONA im imaginären Universum von Eduardo Basualdo
IM FOYER
5.12.2021 – 6.3.2022

Mit seiner erweiterten und multipolaren Kartographie legt BIENALSUR 2021 durch seine kuratorischen Achsen mehrere Routen fest. Unter anderem umfasst Ways of living eine Reihe von großformatigen Kunstwerken, die auf die Art und Weise anspielen, in der Künstler die verschiedenen Organisationsformen und Grundprinzipien der zeitgenössischen Erfahrung, insbesondere in Städten, überprüfen, neu interpretieren und zu problematisieren versuchen.
In diesem Sinne entwickelt der argentinische Künstler Eduardo Basualdo seit einigen Jahren eine Reihe von großformatigen Kunstwerken, in denen er sich für die Gestaltung von Metallgittern entscheidet, die er als Elemente begreift, die eine Reflexion über die Grenzen der Gesellschaft, wie auch immer diese aussehen mögen, auslösen können.

Während mittelalterliche Städte zum Schutz ihrer Bewohner vor äußeren Bedrohungen ummauert waren, hat die Entwicklung der modernen Stadt diese physischen Grenzen nach und nach beseitigt, um die territoriale Besetzung auszuweiten, klarere Räume mit einem fließenderen Verkehr zu eröffnen und im Gegenzug eine größere Kontrolle über sie zu gewährleisten.
Heute tauchen die Grenzen jedoch zunehmend wieder auf. Straßen werden blockiert, Quartiere verriegelt, “Grenzen” werden immer sichtbarer: Häuser, Geschäfte, Architektur und Städte werden mit Eisenstangen versehen, die dem Schutz dienen und diejenigen einschränken, die sie schützen sollen.

Die Erfahrung des Eingesperrtseins, zu der uns die Pandemie den größten Teil des Jahres 2020 und einige Monate im Jahr 2021 gezwungen hat, hat scheinbar neue Grenzen für die Zirkulation, neue Grenzen zwischen Räumen und Menschen geschaffen. In diesem Kontext erhält Basualdos großformatiges Kunstwerk CORONA von 2016 eine neue Bedeutung. Das gelbe Gitter, aufgeschnitten und in Form einer Krone ausgebreitet, kann nur in einer anderen Tonart verstanden werden: Das Gitter öffnet sich, und doch bleibt die Grenze nicht nur bestehen, sondern wird stärker, komplexer, ungreifbar und bedrohlich zugleich.

Basualdo sieht sich selbst als Zeichner. Die pandemische Gefangenschaft hat ihn dazu veranlasst, sich mit dieser Dimension seiner Kunstwerke wieder intensiv zu beschäftigen. Dennoch können seine Gitter nicht anders als Zeichnungen betrachtet werden, die sich im Raum materialisieren. In seinem Werk CORONA stellt Basualdo an der Wand der Kunsthalle Düsseldorf – während er sich gleichzeitig von ihr löst – eine neue Präfiguration unserer Lebenserfahrung dar.

Diana B. Wechsler
Künstlerische Leiterin BIENALSUR