Folge 1
Alicia Holthausen im Gespräch mit Carina Brandes über ihre Fotografie.
Fragen zu körperlicher Selbstbestimmung und Selbstgestaltung, die u.a. mit der sogenannten „sexuellen Befreiung“ in den 1960er-Jahren einsetzten, bestimmen den aktuellen wissenschaftlichen und politischen Diskurs, aber auch unseren gesellschaftlichen Alltag. In den vergangenen Jahrzehnten wurden konventionelle Vorstellungen, wie Körper auszusehen haben, sich verhalten oder repräsentiert werden sollten, immer flexibler und fließender. Heute kommen zudem durch die digitalen und sozialen Medien neue normative Vorstellungen von Körpern auf, die unser Selbstbild aber auch unsere Wahrnehmung von anderen um uns herum beeinflussen. Nicht zuletzt in der Kunst erprobte sich ein künstliches Selbst mit wandelbaren und frei zu gestaltenden Körpern, das assoziativ und ungehindert vielfältigste Formen annehmen kann.
Die Ausstellung zeigt in den als gemeinhin klassisch angesehenen Gattungen Malerei, Skulptur und Fotografie Werke von drei in den 1980er Jahren geborenen Künstler*innen. In dem durch drei lose miteinander verknüpften Einzelausstellungen entstehenden Gedankenraum wird das Individuum körperlich und seelisch zu dem, was es potenziell darstellen oder sein könnte. Auf bildnerischer Ebene wird das Verhältnis von realer Körperlichkeit und abstrakter Psyche als Motiv aufgenommen und variiert.
Hierbei thematisieren Carina Brandes (* 1982 in Braunschweig, Studium HfBK Braunschweig, lebt und arbeitet in Leipzig), Florian Krewer (* 1986 in Gerolstein, Studium Kunstakademie Düsseldorf, lebt und arbeitet in New York) und Raphaela Simon (* 1986 in Villingen, Studium Kunstakademie Düsseldorf, lebt und arbeitet in Berlin) die Körperlichkeit als wechselhafte Erfahrung von permanenter Lust und Last, als Hin- und Herpendeln zwischen Anziehung und Verdrängung, Nähe und Distanz. Die Pole sind die einzelnen Subjekte sowie die Gruppe als utopischer Sehnsuchtsort, in der die*der Einzelne wie in ein größeres Ganzes aufzugehen strebt.
Die Künstler*innen definieren in ihrer Kunst dabei nichts Endgültiges, Finales, sondern die Suche nach dem Grund der Existenz von Dingen und Körpern, den Bedingungen des Menschseins als Gegenteil oder Kommentar zur Digitalität. Der Körper als Objekt der Sehnsucht ist Möglichkeit und Einschränkung in einem, Freiheit und Unterwerfung, Materie und Geist. Und dabei gleichzeitig originäres Subjekt, das immer da ist und uns durch Raum und Zeit trägt.
Der Titel der Ausstellung geht zurück auf das 2001 in Köln veröffentliche Album von Workshop (Stephan Abry, Kai Althoff, Stefan Mohr, Christoph Rath): „Es liebt Dich und Deine Körperlichkeit ein Ausgeflippter.“
Die Ausstellung wird kuratiert von Gregor Jansen und Alicia Holthausen.
Eröffnung: 9. Dezember 2022