IM KINOSAAL
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Mit: Antonia Alessia Virginia Beeskow, Gregor Darman, Dominik Geis, Alexandra Gruebler, Lukas Heerich, KOIR, Lilli Lake, Aylin Leclaire, Stefan Schneider, Gerhard Stäbler & Kunsu Shim, Nikolai Szymanski, Julian Westermann und DECHA.
2025 steht in der Kunsthalle Düsseldorf unter dem Motto „Abschied von der Kunsthalle“, da das brutalistische Gebäude am Grabbeplatz ab 2026 für bis zu drei Jahre geschlossen und umfangreich saniert wird.
In der Ausstellung IM KINOSAAL widmet sich die Kunsthalle Düsseldorf ihrem wohl beeindruckendsten Raum: dem „Kinosaal“. Rund 12 Meter hohe Decken und eine 17 Meter breite Stirnwand verleihen diesem Raum eine imposante und erdrückende, aber zugleich erhabene Atmosphäre – ein Raum, der die Wahrnehmung herausfordert und damit den Ausgangspunkt der Ausstellung bildet.
Die große Stirnwand des Kinosaals eignet sich hervorragend für Projektionen und verwandelt den Raum in ein monumentales Kino. IM KINOSAAL greift diese Idee auf und zeigt eine wandfüllende Projektion, begleitet von einer Soundinstallation. Während der dreimonatigen Laufzeit wird diese Installation lokalen und regionalen Künstler*innen für jeweils bis zu einer Woche als Bühne für audiovisuelle Experimente zur Verfügung gestellt.
IM KINOSAAL widmet sich auch inhaltlich der audiovisuellen Nachbarschaftsgeschichte der Kunsthalle Düsseldorf. Die Stadt ist weltweit für ihre prägende Musik- und Soundkultur bekannt: von Krautrock und Elektronischer Musik (u.a. Kraftwerk, Neu!, La Düsseldorf) über Punk (u.a. Die Toten Hosen, Fehlfarben) zu Klassik und Jazz (u.a. Robert und Clara Schumann, Hauschka). Die Symbiose von Musik/Sound und Bildender Kunst hat in Düsseldorf eine lange und spannungsreiche Tradition und ist eng mit der Düsseldorfer Kunstakademie verbunden, deren Lehrende und Studierende seit Jahrzehnten interdisziplinär arbeiten. Immer wieder war die Kunsthalle Düsseldorf Ort des Experiments und der Möglichkeiten, Bühne für Performances, Konzerte und die Verschmelzung von Musik/Sound und Bildender Kunst.
Eine besondere Rolle spielt auch die Künstler*innenbar Salon des Amateurs, die 2004 in der Kunsthalle Düsseldorf eröffnet wurde. Gegründet von den ehemaligen Kunstakademie-Studenten Aron Mehzion, Detlef Weinrich und Stefano Brivio ist sie seit jeher ein zentraler Ort für den Austausch von Künstler*innen sowie Raum für das künstlerisch-musikalische Experiment. Bekannt für sein exzellent kuratiertes Musikprogramm, brachte er über die Jahre viele bekannte Musiker*innen, DJs und Produzent*innen hervor. 2024 feierte der Salon sein 20-jähriges Bestehen und die Kunsthalle Düsseldorf damit eine 20-jährige inspirierende Nachbar*innenschaft, die mit Beginn der Sanierung und Auszug aus dem Gebäude in 2026 temporär enden wird.
Ergänzend zu den Projekten im Kinosaal wird daher die wichtige Rolle der Künstler*innenbar für die Düsseldorfer Musik- und Soundgeschichte mit einer Ausstellung zu 20 Jahren Musikgeschichte des Salon des Amateurs auf der Empore der Kunsthalle Düsseldorf gewürdigt.
IM KINOSAAL reflektiert somit nicht nur die Architektur des „Kinosaals“ und die Verbindung von Musik/Sound und Kunst, sondern erzählt auch eine emotionale Geschichte von Nachbar*innenschaft und kreativem Austausch der letzten zwei Jahrzehnte.
Timetable
7. – 15.6.: Alexandra Gruebler
17. – 22.6.: Stefan Schneider
24. – 29.6.: Gerhard Stäbler & Kunsu Shim
1. – 6.7.: Dominik Geis
8. – 13.7.: KOIR
15. – 20.7.: Antonia Alessia Virginia Beeskow
22. – 27.7.: Lukas Heerich
29.7. – 3.8.: Lilli Lake
5. – 10.8.: Nikolai Szymanski
12. – 17.8.: Julian Westermann
19. – 24.8.: Gregor Darman
25. – 31.8.: Aylin Leclaire
2. – 7. 9.: DECHA
Bilder

Antonia Alessia Virginia Beeskow studierte Archäologie an der Universität zu Köln, Angewandte Theaterwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität Gießen und im Zweitstudium den Master Klang und Realität am Institut für Musik und Medien Düsseldorf. Sie ist Preisträgerin des Förderpreises 2023 des Landes Nordrhein-Westfalen in der Sparte Musik. Ihr Hörstück „Ecce Sigh! Siren calls, still I feel the same“ wurde 2024 mit dem Karl-Sczuka-Förderpreis ausgezeichnet. Als Künstlerin, Sound Designerin und Performerin arbeitet Beeskow interdisziplinär in den Bereichen Hörspiel, Klangkunst, Performance, Tanz sowie am Theater im deutschsprachigen und internationalen Raum.
Foto: Antonia Alessia Virginia Beeskow

Gregor Darmans künstlerischer Schwerpunkt liegt im Bereich der elektronischen Musik. Er absolvierte ein Studium an der Robert Schumann Musikhochschule und studiert derzeit an der Kunstakademie Düsseldorf. Darman ist Mitbegründer des Düsseldorfer Labels Candomblé und Teil der Musikprojekte Folie 2, Phaser Boys und LSW (Lifestyle West), die sowohl in Deutschlands als auch international auftraten. Darüber hinaus gehört er dem Kuratorium des Salon des Amateurs an und ist dort Resident DJ.

Im Zentrum von Dominik Geis’ Arbeit steht der Körper als Bühne und Spiegel sozialer, kultureller und medialer Einschreibungen. Er zeigt, wie Inszenierungen Identität formen, Wahrnehmung prägen und Machtverhältnisse offenlegen. Diese Prozesse übersetzt er in choreografische Found-Footage-Videocollagen, die Bild, Zeit und Klang zu bewegten Dramaturgien verweben. Ästhetik und Analyse verschränken sich im Spiel mit Brüchen und Reibungen.

Alexandra Gruebler ist eine in Berlin lebende Komponistin, Produzentin und Performerin elektroakustischer Musik. Vor allem durch das Soloprojekt Baal & Mortimer konzentriert sich ihre künstlerische Praxis auf eine dialogische Interaktion zwischen der Topografie ihrer Stimme und Komponenten wie dem Dudelsack, Psalterium, akustischen Artefakten und der Poetik.
In der Ausstellung zeigt Alexandra Gruebler die Arbeit After The Periphery. After The Periphery ist eine Klanginstallation über himmlische Mechanik, klangliche Abstraktion und Trauer. Im Format eines Audio-Essays und durch experimentelle Partituren erforscht sie die Roche-Grenze – ein Punkt im All, an dem alles auseinanderbricht, was sich zu nahekommt – in Bezug auf die Materialität von Verlust. Das Stück nutzt das Setting im Kinosaal der Kunsthalle Düsseldorf, um einen Zwischenraum aus Vielstimmigkeit, Randbereichen und Membranen klanglich zu kartieren.
Foto: © Marijn Degenaar

In seiner Arbeit untersucht Lukas Heerich Schichten und Schwellen materieller und immaterieller Art, und legt Spannungen zwischen Schutz und Verletzlichkeit, Form und Auflösung frei. Durch das Ziehen unsichtbarer Fäden zwischen Klang, Kunst und architektonischer Intervention löst Heerich Widersprüche nicht auf, sondern schafft Räume, in denen sie miteinander in Resonanz treten können. Sie ermöglichen so Erfahrungen, die zugleich unmittelbar und unergründlich sind.
Foto: © Eva Baales

KOIR (gegründet 2024 von Prof. Ari Benjamin Meyers und seiner Klasse) ist eine vokale, musikalische und körperlich-performative Praxis an der Kunstakademie Düsseldorf. KOIR bearbeitet und singt Stücke aus einem breiten musikalischen Spektrum – von Hildegard von Bingen über Pauline Oliveiros bis hin zu Talking Heads und Kraftwerk.
Foto: © ©Ari Benjamin Meyers/KOIR

Die in Düsseldorf lebende Künstlerin Lilli Lake entwickelt ihre Arbeitsweise im Dialog mit Konzepten des sonic feminist materialism.
Ihre multimedialen Arbeiten setzen sich performativ aus Sound, Raum und Skulptur zusammen. In ihren orts- und kontextspezifischen Projekten untersucht sie die Schnittstelle zwischen sichtbaren und nicht sichtbaren Materialien.
In der Arbeit What do we do now? bezieht sich Lake auf das Detail als Methode – nicht durch hierarchische Struktur oder Spektakel, sondern durch die Ansammlung kleiner, gleichwertiger Ereignisse. Innerhalb dessen wird ein Instrument als skulpturale Präsenz eingebracht; neben Field Recordings wird die weiblich konnotierte Stimme zur materiellen Bedingung.
Foto: Ardelle Schneider

Aylin Leclaire schafft mit ihren Arbeiten Narrative, die Machtstrukturen und menschliche Interaktionen untersuchen. Sie benutzt unterschiedlichste Materialien und Medien, um politische, emotionale und räumliche Aspekte von Zuständen darzustellen. Eine Konstante ihrer Arbeiten ist ein holistischer Ansatz. Dafür benutzt sie Sound und Musik und lässt die Betrachter*innen in Orte, Geschichten und Situationen eintauchen.
In der Ausstellung zeigt Aylin Leclaire die raumgreifende Installation Chronotopic Recording, in der sie eine verlassene Laborsituation inszeniert. Die Installation ist Teil einer langfristig angelegten Space-Oper, die sich zwischen Musikfilm, skulpturaler Rauminstallation und interaktier Oper bewegt. Thematisiert werden in verschiedenen Sequenzen Fragen nach kultureller Erinnerung, Intelligenz, Entfremdung, Identität und Verantwortung vor dem Hintergrund einer spekulativen Sci-Fi-Welt. Die Szenerie im Kinosaal wird ergänzt durch eine mehrkanalige Soundinstallation, in der Aylin Leclaire unter anderem mit musikalischen Motiven und Songfragmenten der Oper arbeitet.

Der in Düsseldorf lebende Musiker und Produzent Stefan Schneider widmet sich seit 1994 der elektronischen Musik. Er arbeitete unter anderem mit Katharina Grosse, Dieter Möbius und Susanna Gartmayer zusammen. 2022 konzipierte er in Zusammenarbeit mit Linnea Semmerling (Stiftung IMAI – Inter Media Art Institute) die Ausstellung Conrad Schnitzler – „Manchmal artet es in Musik aus“ in der Kunsthalle Düsseldorf.
Die Filme Drawing the Line, 2006, und Floating Islands, 2023, eint eine verwandte Erzählstruktur und die tiefe Auseinandersetzung mit den Kreisläufen der Natur. In beiden steht das Beobachten, sei es des heraufziehenden Unwetters am Ararat oder des Kommens und Gehens im Alltag, im Zentrum. Die besondere Musikalität zeigt sich sowohl in der Montage als auch in der Bildsprache. Drawing the Line wird in der Kunsthalle erstmals mit einer eigens dafür komponierten Tonspur präsentiert. Floating Islands lebt von einem vielschichtigen Soundtrack aus Field Recordings, Musik und gesprochenen Texten.
Foto: © Ursula Schulz-Dornburg

Das Duo Gerhard Stäbler und Kunsu Shim ist seit über zehn Jahren jährlich mit einem PerformanceKonzert zu Gast in der Kunsthalle Düsseldorf. Sie gehören zu den international renommierten Vertretern der zeitgenössischen Musik und gründeten in den 1990er-Jahren gemeinsam den EarPort, einen Raum für experimentelle Musik und die Begegnung der Künste, am Duisburger Innenhafen.
Zentrales Motiv des Projekts ÜBERGÄNGE, mit Videos von Taejoong Kim und Musik von Kunsu Shim & Gerhard Stäbler sowie einem PerformanceKonzert, ist ein Aphorismus von Walter Benjamin aus Passagen, Durchgänge, Übergänge (1927–1940), in dem er die „falsche Romantik“ kritisiert, das Außerordentliche im Einzelnen zu suchen, statt im gemeinsamen Prozess und der Geschichte der Menschwerdung. Diese Perspektive auf vermeintlichen Fortschritt durch Vereinzelung und Überhöhung einzelner Bereiche ist Ausgangspunkt für das PerformanceKonzert, das den Kern des Projekts bildet. Werke von Kyungwoo Chun, Taejoong Kim, Anton Lukoszevieze, Arnold Schönberg, Kunsu Shim und Gerhard Stäbler für Streichinstrumente und Video verweben sich mit Taejoong Kims audiovisuellen Arbeiten, die im letzten Jahrzehnt und teils eigens für das PerformanceKonzert entstanden sind.
Foto: © Taejoong Kim, Quartett

Nikolai Szymanski ist freier Künstler, Komponist und Musiker aus Düsseldorf und studierte an der Kunsthochschule für Medien Köln. Als Gründungsmitglied der Band Stabil Elite und mit Solo-Projekten wie AIRCHINA ist er seit über einem Jahrzehnt als Musiker aktiv. In seiner künstlerischen Arbeit nutzt er u.a. Fotografie, Film/ Video, Installation, Text und Klang und beschäftigt sich insbesondere mit Strukturen des filmischen Erzählens und Non-Linearität.
Foto: © Luis Nelsen

DECHA ist das musikalische Soloprojekt der multidisziplinären Künstlerin Viktoria Wehrmeister, die in Düsseldorf lebt. Sie begann in den 1990er Jahren als Teil von Klaus Dingers Bandprojekt la! NEU? und gründete 2014 zusammen mit Detlef Weinrich und Jan Wagner TORESCH. Ihre hybriden Kompositionen bewegen sich zwischen Low-Fi- und polyphonen Klangarrangements und ihre Stimme setzt sie spielerisch in hellen bis dunklen Tönen ein und überschreitet so klare geschlechtsspezifische Identitäten.
Foto: © Jan Wagner

Julian Westermann beschäftigt sich in seiner Arbeit mit dem Spannungsfeld zwischen entfremdeter Wildnis und Popkultur. Er arbeitet in unterschiedlichen Medien, von Malerei über Skulptur bis hin zu raumspezifischen Installationen und Aktionen, die sich oftmals an der Grenze zwischen Konzert und Performance bewegen. Dabei nutzt er selbst produzierte Popmusik, um vielschichtige sinnliche Wahrnehmungsebenen zu ermöglichen.
Feathering ist eine sechstägige audiovisuelle performative Installation, in der Julian Westermann die Sehnsucht nach der Verbindung mit einer Natur, die uns ebenso vertraut, wie entfremdet ist, untersucht. Eine filmisch dokumentierte Performance, die ein Kajak aus der Vogelperspektive zeigt, ist einem Auge nachempfunden und gleitet in Endlosschleife über das Wasser. Gleichzeitig entsteht live aus dem Inneren eines im Kinosaal platzierten Zelts heraus eine Klangkomposition, die das Video begleitet. So wie das Auge im Film ein abstrahiertes Wahrnehmungsorgan ist, wird das Zelt zum Organ der Stimme, der Imagination und des unsichtbaren Handelns. Sichtbarkeit und Verborgenheit, Vergangenheit und Gegenwart treten in Beziehung. Zwei zeitliche Ebenen verweben sich zu einem Ritual der multisensorischen Wahrnehmung.
Foto: © Julian Westermann