Sieben Fragen an… Jennifer Pint

Wie würdest du deine künstlerische Praxis beschreiben?
Mich interessiert die Verflechtung des inneren Befindens mit der äußeren Umgebung, die dialektische Verflechtung von Außenraum und Körperraum. Dabei spielen das Erforschen von und Experimentieren mit Material und Plastizität eine bedeutende Rolle in meiner Praxis.

Wenn du an Raum denkst, was kommt dir als Erstes in den Sinn?
Ich denke an Körper und Körperraum. Über den Körper kann der Raum in erster Linie überhaupt erst wahrgenommen werden. Und auch der Körper kann als Raum gedacht werden. Genau wie der Raum relational verstanden, sozialen Prozessen unterlegen und dynamisch in seiner Funktion sein kann, sind Körperkonzepte und Körperbilder sozial-kulturelle Konstrukte, welche in gesellschaftlichen Diskursen verhandelt werden und auch wandelbar sind.

Sowohl deine Abschlussarbeit in der Kunstakademie Düsseldorf als auch deine Arbeit im Parkhaus stehen in einem Gesamtzusammenhang, erstere im Innen- letztere im öffentlichen Raum. Wie bist du an die unterschiedlichen Räume herangegangen?
Meine Abschlussarbeit an der Akademie war raumgreifend, aber der Raum an sich war nicht Ausgangspunkt meiner Arbeit. Ich bearbeitete ein Thema, welches, losgelöst vom Raum, auch an anderen Orten hätte präsentiert werden können, selbstverständlich hätte die Arbeit dann auch eine andere Erscheinungsform gehabt, aber das Thema wäre dennoch gleichgeblieben. Für die Präsentation im Parkhaus war der Ort maßgeblich, denn der Ort, die räumlichen Gegebenheiten, waren Gegenstand der Arbeit, inhaltlich als auch formal.

Was war für dich die größte Herausforderung?
Im Vergleich zum White Cube ist der Öffentliche Raum viel rougher, man muss sich stärker an den Ort anpassen und sich mit den gegebenen Bedingungen arrangieren. Der Ort an sich hat auch schon eine sehr starke Präsenz. Deswegen hatte ich mich auch gefragt, wie meine Kunst mit dem Raum korrespondieren und der Raum immer noch seine eigene Geschichte erzählen kann.

Könntest du dir negotiating space auch im Innenraum vorstellen? Was würde sich für dich verändern?
Ich glaube, die Arbeit könnte auch im Innenraum funktionieren, allerdings würde die Wirkung eine andere sein. Es ging mir ja vor allem darum, sich des gegenwärtigen Augenblicks an einem ‚Unort’, einem nicht für den längeren Aufenthalt bestimmten Raum, bewusst zu werden; innezuhalten, sich genau umzuschauen und die Umgebung zu entdecken; kleine Zwischenräume, Rohre, die Lichtsituation, Schatten etc. In einer Ausstellung im Innenraum ist das Publikum gezielt anwesend. Die Besucher*innen treten bereits mit einer gewissen Achtsamkeit und der Intention ein, den künstlerischen Werken ihre volle Aufmerksamkeit zu schenken. Die Voraussetzung, sich auf die Arbeit einzulassen, ist also auch eine ganz andere.

Was wünschst du dir für die Herangehensweise der Betrachter*innen an deine Arbeit?
Ich finde es schön, wenn sich Betrachter*innen die Zeit nehmen, die Arbeit zu entdecken und neugierig zu erforschen, den eigenen Assoziationen freien Lauf zu lassen und keine Angst zu haben, etwas falsch zu interpretieren. Ich finde es immer auch interessant, wenn Betrachter*innen etwas ganz anderes in meiner Arbeit sehen, als ich ursprünglich im Kopf hatte. Das macht den Austausch sehr spannend. Ich denke es hilft, offen zu sein und vielleicht auch manchmal an die Betrachtung mit Humor ranzugehen.

Negotiating space ist sehr offen, assoziativ angelegt. Welche Assoziationen der Besucher*innen haben dich erreicht?
Die meisten haben etwas Körperliches, Fleischliches gesehen. Einen Körper, der durch die Wand hindurch geht und sich dahinter weiter ausstreckt. Einige haben auch an Gedärme gedacht oder an eine Nabelschnur, das fand ich irgendwie auch ganz spannend, die Organe die das Parkhaus am Leben erhalten.

Jennifer Pint
negotiating space, 2022
Foto: Katja Illner

Jennifer Pint
negotiating space, 2022
Foto: Katja Illner