Intervention in die Ausstellung Die unhintergehbare Verflechtung aller Leben
5. – 23. Juli 2023
Eröffnung: 4. Juli 2023, 18.30 – 20 Uhr
Begrüßung mit Miriam Koch, Gregor Jansen und den Künstler*innen.
Die aus dem Iran stammenden Künstlerinnen Bahar Batvand und Linda Nadji, die sich während des Studiums an der Düsseldorfer Kunstakademie kennen lernten, sind seit den Unruhen von 2022 im Iran im Austausch und haben mit CIRCLE.43 eine gemeinsame Arbeit entwickelt, die trotz ihrer Universalität und Abstraktion eine Reaktion auf die derzeitigen Um- und Missstände in ihrem Herkunftsland darstellt.
CIRCLE.43 besteht aus 43 Stühlen, die gekippt in einem Kreis von etwa 3,8 m Durchmesser angeordnet sind. Die Stühle sind in Gold lackiert, die Polsterung ist mit einem roten Samtstoff überzogen. Sie sind von der Anmutung wertig und royal und entsprechen somit dem bevorzugten Interieur der iranischen Mittel- bis Oberschicht, die sich gern mit Prunk und Opulenz umgibt. Es sind aber auch in Massenproduktion hergestellte Stühle, die bei Veranstaltungen, Sitzungen und Festen zum Einsatz kommen.
Ausgehend von der Tradition, dass bei Festen im Iran Stühle für die Gäste entlang der Wände aufgestellt werden, um das Zentrum des Raums für gemeinsame Tänze freizuhalten, veränderten die beiden Künstlerinnen dieses vertraute Bild in ihrer Installation. Offiziell ist das gemeinsame Feiern mit Musik und Tanz im Iran nicht gestattet, auch wenn die Menschen im privaten Umfeld dies trotzdem tun.
Die Anzahl der Stühle, 43 Stück, bezieht sich auf die Anzahl der Jahre seit der Islamischen Revolution 1979, in der das Schah-Regime gekippt wurde. Die gekippten Stühle symbolisieren den Zustand des „sich-nicht-setzen-Könnens“ also nicht-zur-Ruhe-kommen-Könnens, der „gekippten“ Lage vieler Iraner*innen seit dieser Zeit.
Auch wenn beide Künstlerinnen ihre Arbeiten nicht als aktivistisch oder politisch motiviert ansehen, bleibt der Einfluss der Geschehnisse und ihre Reaktion auf diese bzw. ihr Statement nicht aus. Die Unterdrückung und Ungleichbehandlung der Frauen im Iran sind mit einer westlichen und humanistischen Sichtweise nicht zu vereinbaren. Trotzdem ist die Kraft der Frauen im Iran unglaublich stark und es gibt Hoffnung, dass sie endlich in ihrer Würde und Selbstbestimmung Gehör finden und Veränderungen erzielen können. Dass der weibliche Körper heutzutage noch immer als Vehikel für eine moralische Unterdrückung missbraucht wird und in der westlichen Welt wiederum oft noch als Objekt in den Medien fungiert, zeigt, dass noch viel Arbeit zu tun ist, um eine selbstbestimmende und humane Gesellschaft zu entwickeln.
Foto: Hojabr Riahi